Jüngst war in den Medien wieder zu lesen und hören“ Die EU-Kommission prüft Antisubventionszölle auf chinesische E-Autos“ – doch die wenigsten Leser und Zuhörer wissen, was dies konkret ist, wie das Prüfen vonstattengeht und wie lange es dauert, bis aus der Prüfung der „Ernstfall“ entsteht.

Antidumping- und Antisubventionsverfahren sind handelspolitische Maßnahmen der Europäischen Union zum Schutz der heimischen Wirtschaft.

 

Arten handelspolitischer Schutzinstrumente

Die Welthandelsorganisation (WTO) kennt drei Arten von handelspolitischen Schutzinstrumenten, die unter bestimmten Voraussetzungen gegen Einfuhren aus nicht zur EU gehörenden Staaten eingeführt werden können. Für jedes dieser Instrumente gibt es ein eigenes WTO-Abkommen, das durch EU-Verordnungen umgesetzt wird:

  • Antidumpingmaßnahmen
  • Antisubventionsmaßnahmen
  • Schutzmaßnahmen

Antidumping- und Antisubventionsmaßnahmen richten sich gegen unfaire Handelspraktiken (Dumping oder Subventionen). Schutzmaßnahmen sollen einem bestimmten Wirtschaftszweig Zeit bieten, sich an eine erhebliche Zunahme von Einfuhren anzupassen. Um eine Untersuchung einleiten und anschließend Handelsschutzmaßnahmen einführen zu können, müssen ausreichende Beweise für unlautere Praktiken oder für eine erhebliche Zunahme von Einfuhren vorliegen. Im Folgenden werden Antidumping- und Antisubventionsmaßnahmen näher erläutert.

 

Rechtsgrundlagen

  • Verordnung (EU) 2016/1036 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2016 über den Schutz gegen gedumpte Einfuhren aus nicht zur Europäischen Union gehörenden Ländern (“Antidumping-Grundverordnung”)
  • Verordnung (EU) 2016/1037 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2016 über den Schutz gegen subventionierte Einfuhren aus nicht zur Europäischen Union gehörenden Ländern (“Antisubventions-Grundverordnung”)

Antidumping- sowie Ausgleichszölle können unter folgenden Voraussetzungen erlassen werden, die kumulativ erfüllt sein müssen:

Dumping

Eine Ware gilt als gedumpt, wenn ihr Preis bei der Ausfuhr in die EU niedriger ist als ihr “Normalwert”. Letzterer ist der Preis einer gleichartigen Ware bei Verkäufen im normalen Handelsverkehr im Ausfuhrland oder die Produktionskosten zuzüglich einer angemessenen Gewinnspanne. Eine Antidumpingmaßnahme – üblicherweise in Form eines Zolls – wird angewandt, um die schädlichen Auswirkungen gedumpter Einfuhren auf EU-Hersteller zu beseitigen und faire Wettbewerbsbedingungen wiederherzustellen.

 

Subvention

Eine Subvention ist eine finanzielle Beihilfe durch eine Regierung oder öffentliche Körperschaft, wodurch einem bestimmten Empfänger (Unternehmen, Wirtschaftszweig, Sektor) ein Vorteil gewährt wird. Eine finanzielle Beihilfe kann verschiede Formen annehmen: Zuschüse, Darlehen, Steuervergünstigungen, bereitgestellte Waren oder Dienstleistungen. Eine Antisubventionsmaßnahme – üblicherweise in Form eines Ausgleichszolls – wird angewandt, um die schädlichen Auswirkungen subventionierter Einfuhren auf die EU-Hersteller zu beseitigen und faire Wettbewerbsbedingungen wiederherzustellen.

Voraussetzungen für die Einführung von Maßnahmen

Es müssen folgende Bedingungen kumulativ erfüllt sein:

  • Es muss nachgewiesen werden, dass Einfuhren gedumpt (Antidumpingmaßnahmen) oder subventioniert (Antisubventionsmaßnahmen) sind.
  • Es muss eine Schädigung vorliegen, d.h. die gedumpten oder subventionierten Einfuhren haben spürbar nachteilige Auswirkungen auf die wirtschaftliche Situation des betroffenen Wirtschaftszweiges der EU – nicht nur auf einzelne Hersteller).
  • Es muss ein ursächlicher Zusammenhang bestehen zwischen den gedumpten bzw. subventionierten Einfuhren und der Schädigung des betroffenen EU-Wirtschaftszweiges.
  • Die Antidumping- bzw. Antisubventionsmaßnahmen müssen im Unionsinteresse sein. Das ist in der Regel dann der Fall, wenn die vorgenannten Voraussetzungen erfüllt sind. Wenn außergewöhnliche Umstände vorliegen, könnte das Unionsinteresse nicht gegeben sein, z.B. wenn Maßnahmen zu unverhältnismäßigen Nachteilen für die Verwender der eingeführten Waren führen würden.

 

Ablauf von Antidumping- und Antisubventionsverfahren

Beantragung eines Untersuchungsverfahrens

Wenn EU-Hersteller mit gedumpten/subventionierten Einfuhren konfrontiert werden, kann sich in vielen Fällen deren wirtschaftliche Lage verschlechtern. Es können Umsatz und/oder Marktanteile zurückgehen, oder sie werden gezwungen, die Preise zu senken, was sich auf den Gewinn auswirkt oder sogar zu einer Verlustsituation führen kann. Im Extremfall können EU-Hersteller aus dem Markt gedrängt werden. In solchen Situationen – und unter der Voraussetzung, dass die spezifischen Kriterien der Antidumping- oder der Antisubventions-Grundverordnung erfüllt sind – können sich EU-Hersteller an die Europäische Kommission wenden und beantragen, das eine Antidumping- oder Antisubventionsuntersuchung eingeleitet wird.

Sobald bei der zuständigen Dienststelle der Europäischen Kommission (Generaldirektion Handel) ein schriftlicher Antrag eingegangen ist, wird geprüft, ob er ausreichende Nachweise für das Vorliegen von Dumping/Subventionen und eine Schädigung des Wirtschaftszweigs der Union sowie einen ursächlichen Zusammenhang mit den gedumpten/subventionierten Einfuhren enthält. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, wird innerhalb von 45 Tagen nach Antragsstellung eine Untersuchung bezüglich der gedumpten/subventionierten Einfuhren eingeleitet.

Einleitung eines Untersuchungsverfahrens

Eine Antidumping- oder Antisubventionsuntersuchung beginnt offiziell mit der Veröffentlichung einer Einleitungsbekanntmachung im Amtsblatt der Europäischen Union. Nach der Bekanntmachung erhalten bekannte Hersteller und alle anderen interessierten Parteien Formulare oder Fragebögen, die gemäß den Angaben in der Einleitungsbekanntmachung bis zu einer bestimmten Frist ausgefüllt werden müssen. Sind an Untersuchungen mehrere Hersteller beteiligt, kommen Stichprobenverfahren zur Anwendung. Unternehmen werden aufgefordert, Daten zu Produktion, Verkaufsmenge, Beschäftigung usw. zu übermitteln, um der EU-Kommission die Bildung einer Stichprobe zu ermöglichen. Trotz relativ kurzer Fristen für die Rücksendung der Stichprobenfragebögen ist eine Beteiligung sinnvoll, damit die EU-Kommission genügend Daten zur Verfügung hat, aus denen eine Wirtschaftszweig der Union als Ganzes repräsentative Stichprobe gebildet werden kann. Die in die Stichprobe einbezogenen Unternehmen erhalten einen Fragebogen zur Schädigung, der grundsätzlich innerhalb von 30 Tagen ausgefüllt werden muss. In begründeten Ausnahmefällen ist eine Fristverlängerung möglich.

Kontrollbesuche vor Ort

Zur Überprüfung der in den Fragebögen gemachten Antworten führt die EU-Kommission Kontrollbesuche bei den Herstellern durch (i.d.R. im dritten oder vierten Monat nach Einleitung der Untersuchung). Solche Besuche werden mit ausreichendem Vorlauf angekündigt, was den Herstellern eine gründliche Vorbereitung ermöglicht.

Vorläufige Maßnahmen

Bereits vor Abschluss der Untersuchung, in der Regel innerhalb von sieben Monaten, spätestens jedoch acht Monate nach Einleitung der Untersuchung, können vorläufige Antidumpingzölle eingeführt werden. Vorläufige Antisubventionszölle können innerhalb von neun Monaten nach Einleitung der Untersuchung eingeführt werden. Die EU-Kommission teilt drei Wochen vor der Einführung vorläufiger Maßnahmen auf Ihrer Website mit, ob solche Maßnahmen eingeführt werden sollen oder nicht. Gleichzeitig mit der Veröffentlichung der vorläufigen Maßnahmen werden die interessierten Parteien (die sich aktiv an der Untersuchung beteiligt haben) unterrichtet und erhalten Einzelheiten zu allen Fakten der Untersuchung und die genauen Berechnungen für das betroffene Unternehmen.

Sofern vorläufige Maßnahmen eingeführt werden, können diese im Falle von Antidumpingzöllen für einen Zeitraum von höchstens sechs Monaten Falle von Ausgleichszöllen höchstens vier Monate in Kraft bleiben, bis entweder endgültige Maßnahmen eingeführt werden oder die Untersuchung eingestellt wird. Vorläufige Maßnahmen werden nicht in allen Fällen eingeführt. Die EU-Kommission kann auch entscheiden, eine Untersuchung ohne vorläufige Maßnahmen fortzusetzen und erst am Ende endgültige Maßnahmen vorzuschlagen.

Achtung: Vorläufige Antidumping- und Ausgleichszölle treten in der Regel am Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der EU in Kraft!

Endgültige Maßnahmen

In Antidumpingfällen werden endgültige Maßnahmen in der Regel spätestens 14 Monate nach Einleitung einer Untersuchung eingeführt (13 Monate in Antisubventionsfällen). Endgültige Maßnahmen bleiben normalerweise für einen Zeitraum von fünf Jahren in Kraft, außer sie werden im Rahmen einer Überprüfung abgeändert, aufgehoben oder verlängert.

Achtung: Endgültige Antidumping- und Ausgleichszölle treten in der Regel am Tag ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der EU in Kraft.

Weitere Schutzmaßnahmen

Schutzmaßnahmen können eingeführt werden, wenn sich ein unvorhersehbarer, drastischer und plötzlicher Anstieg der Einfuhren nachteilig auf einen Wirtschaftszweig auswirkt.

Im Gegensatz zu Antidumping- und Antisubventionsinstrumenten richten sich Schutzmaßnahmen

nicht danach, ob der Handel fair ist oder nicht. Das Schutzklauselverfahren unterscheidet sich erheblich von den Antidumping- und Antisubventionsverfahren, und zwar in mehrfacher Hinsicht.

  • Eine Schutzmaßnahmenuntersuchung wird auf Antrag eines EU-Mitgliedstaats oder auf eigene Initiative der Europäischen Kommission eingeleitet und nicht aufgrund eines Antrags des betroffenen Wirtschaftszweigs der Union. Aus diesem Grund werden Schutzmaßnahmen in diesem Leitfaden nicht behandelt.
  • Eine Schutzmaßnahme richtet sich nicht gegen Einfuhren aus einem bestimmten Land, sondern vielmehr – grundsätzlich – gegen Einfuhren von überall in die Union.
  • Schutzmaßnahmen nehmen unterschiedliche Formen an. In der Regel bestehen sie aus Zoll[1] Einfuhren im Rahmen des Zollkontingents sind zollfrei, doch auf Einfuhren außerhalb des Zollkontingents wird ein Zoll erhoben.

 

Quelle Handelskammer Hamburg

Weitere Informationen zu Schutzmaßnahmen entnehmen Sie der Website EU – Actions against imports into the EU: Safeguards – European Commission (europa.eu)