Hintergrund:
Für die Steuerbefreiung einer innergemeinschaftlichen Lieferung muss der Unternehmer grundsätzlich nachweisen, dass die Ware tatsächlich ins übrige Gemeinschaftsgebiet gelangt ist. Bisher enthält weder die MwStSystRL noch die MwSt-DVO eine Regelung zum sog. Belegnachweis. Die nationalen Gesetzgeber können die Anforderungen an den Belegnachweis frei gestalten oder dies auch unterlassen. Der Europäische Gerichtshof hat diese Rechtslage in seinen Entscheidungen wiederholt bestätigt. Im Ergebnis hat die uneinheitliche Rechtslage insbesondere in der Praxis international agierender Unternehmen zu hohem Aufwand und großen Rechtsunsicherheiten geführt.
Neue Regelung in der MwSt-DVO
Im Rahmen der Quick Fixes wird Art. 45a (DVO (EU) 2018/1912) mit Wirkung zum 01.01.2020 in die MwSt-DVO eingefügt werden. Diese Vorschrift enthält Regelungen zum sog. Belegnachweis, mit dem der Steuerpflichtige dokumentieren muss, dass die Ware tatsächlich ins übrige Gemeinschaftsgebiet gelangte. Art. 45a MwSt-DVO hat folgenden Aufbau:
- Absatz 1 enthält eine Vermutungsregelung zugunsten des Unternehmers, der die Steuerbefreiung für innergemeinschaftliche Lieferungen begehrt. Dabei differenziert Absatz 1 hinsichtlich der Voraussetzungen für die Vermutungsregelung danach, ob der Lieferant oder der Abnehmer den Transport veranlasst.
- Absatz 2 bestimmt, dass die jeweilige Finanzbehörde die aus Absatz 1 resultierende Vermutung widerlegen kann.
- Absatz 3 listet die verschiedenen Nachweise auf, über die der Steuerpflichtige entsprechend Absatz 1 verfügen muss, um die Vermutungsregel des Absatzes 1 in Anspruch nehmen zu können. Absatz 3 unterscheidet ebenfalls danach, welcher der Beteiligten (Lieferant oder Abnehmer) den Transport veranlasst.
Grundsätzlich greift die Vermutungsregelung nach Absatz 1, wenn der Unternehmer über mindestens zwei der in Absatz 3 genannten Dokumente verfügt, die einander inhaltlich nicht widersprechen.
Veranlasst der Unternehmer den Transport zum Kunden, kann er den Nachweis durch zwei verschiedene Dokumente zum Versand oder zur Beförderung der Ware führen, z. B. einen unterschriebenen CMR-Frachtbrief oder eine Frachtrechnung. Voraussetzung hierfür ist, dass die beiden Dokumente von zwei unterschiedlichen Dritten ausgestellt wurden, die von Unternehmer und Abnehmer unabhängig sind. Alternativ kann der Unternehmer den Nachweis mit einem dieser Dokumente führen, wenn er zusätzlich über eines der folgenden Dokumente verfügt:
- Versicherungspolice für den Warentransport
- Bankunterlagen, aus denen sich die Bezahlung der Transportkosten ergibt
- Bestätigung des Wareneingangs im Bestimmungsmitgliedstaat durch eine öffentliche Stelle (z. B. Notar)
- Bestätigung eines Lagerinhabers im Bestimmungsmitgliedstaat über die Lagerung der Liefergegenstände.
Veranlasst dagegen der Abnehmer den Warentransport (Abholfall), benötigt der Unternehmer zusätzlich eine schriftliche Erklärung des Erwerbers, dass dieser den Transport veranlasst hat. Die Erklärung muss bestimmte Angaben enthalten, wie z. B. Ankunftsdatum und Ankunftsort der Ware, aber auch die Identifikation der Person, die die Ware auf Rechnung des Erwerbers entgegennimmt. Damit hat diese Erklärung große Ähnlichkeit mit der momentan in Deutschland erforderlichen Gelangensbestätigung.
Eine Aussage dazu, wie die Steuerbehörde die Vermutung des Absatzes 1 widerlegen kann, enthält die Norm nicht.
Bewertung:
Grundsätzlich ist die Schaffung einer unionsweit einheitlichen Regelung zu den Anforderungen an den Belegnachweis positiv zu sehen. Allerdings ist Stand heute nicht klar, ob die Neuregelung abschließend ist und keinen Raum für zusätzliche nationale Regelungen und Anforderungen lässt. Aus den Gesetzesmaterialien ergibt sich zwar, dass die Neuregelung auch vom Gedanken der Vereinheitlichung getragen ist. Aus dem Wortlaut der Norm selbst lässt sich jedoch nicht ableiten, dass es sich um eine abschließende Regelung handelt. Der deutsche Gesetzgeber hat sich bisher nicht dazu positioniert, ob die Regelungen zum Belegnachweis in der Umsatzsteuerdurchführungsverordnung auch nach dem 01.01.2020 fortgelten werden und in welchem Verhältnis die derzeitigen Regelungen zur Neuregelung stehen. Gegebenenfalls wird hier wieder einmal eine kurzfristige Anpassung der Unternehmensprozesse erforderlich.
Unabhängig von dieser Frage kann man festhalten, dass die Anforderungen für das Führen des Belegnachweises zukünftig weiter steigen werden.
Quelle: https://umsatzsteuer.digital/quick-fix-zum-belegnachweis/