Seit dem 1. September 2024 bekommt das Europäische Gericht erste Mehrwertsteuer-Vorabentscheidungsersuchen zur Entscheidung zugeleitet.

Zu Beginn letzten Monats ist eine weitreichende Änderung der Satzung des Gerichtshofs der EU in Kraft getreten.  Sie führt dazu, dass in Zukunft ein Teil der Befugnisse des Gerichtshofs zur Vorabentscheidung auf das Gericht übertragen wird, und zwar in Bezug auf folgende sechs Rechtsgebiete: gemeinsames Mehrwertsteuersystem; Verbrauchsteuern; Zollkodex; Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen für Flug- und Fahrgäste im Fall der Nichtbeförderung/ Verspätung oder Annullierung von Transportleistungen; die zolltarifliche Klassifizierung von Waren und den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten (EU-ETS).

Künftig sind sämtliche Vorabentscheidungsersuchen beim Gerichtshof einzureichen, damit dieser prüft, ob das Ersuchen ausschließlich in eines oder mehrere der oben festgelegten besonderen Sachgebiete fällt und folglich dem Gericht zugewiesen werden kann. Im Interesse von Rechtssicherheit und Transparenz wird er seine Entscheidung begründen. Ebenfalls aus Transparenzgründen werden nun sämtliche Vorabentscheidungsersuchen dem Europäischen Parlament, dem Rat der EU und der Europäischen Zentralbank mitgeteilt. Sie sollen so in die Lage versetzt werden besser zu beurteilen, ob sie ein besonderes Rechtsschutzinteresse haben und dem Verfahren gegebenenfalls beitreten möchten.

Die Satzungsänderung soll auch das Rechtsmittelverfahren gegen Entscheidungen des Gerichts neu regeln. So wird das so genannte Zulassungsverfahren auf weitere Sachgebiete ausgedehnt, in denen bereits eine vorgelagerte zweite fachliche Prüfung stattgefunden hat, zum Beispiel durch die jeweilige Beschwerdekammern der EU-Aufsichtsbehörden für Banken, Versicherungen oder Wertpapiere (EBA, ESMA, EIOPA). Im Ergebnis soll sich der Gerichtshof auf solche Rechtsmittel konzentrieren können, die wichtige Rechtsfragen aufwerfen.

Ziel dieser Reform ist es, die Arbeitsbelastung des Gerichtshofs im Bereich der Vorabentscheidungen und seine Verfahrensdauern zu reduzieren. So soll das Rechtschutzsystem bei der Anwendung und Auslegung der EU-Verträge gewährleistet bzw. beschleunigt werden. Ein funktionierendes Rechtssystem und zügige Verfahrensdauern sind ein Standortfaktor und helfen, den Rechtsfrieden auch zwischen Wirtschaftsteilnehmern zu gewährleisten.

Quelle: Bericht aus Brüssel Nr. 25/2024

Pressemitteilung zur Satzungsänderung