Der Rat der Europäischen Union und das Europäische Parlament haben am 8. April 2025 eine vorläufige Einigung über eine neue Verordnung zur Vermeidung der Freisetzung von Kunststoffgranulat erzielt. Ziel der Regelung ist es, Umweltverschmutzung durch Mikroplastik, insbesondere durch Kunststoffgranulat, deutlich zu reduzieren. Kunststoffgranulat ist ein Industrierohstoff, der zur Herstellung von Kunststoffprodukten eingesetzt wird und in die Umwelt gelangen kann – sowohl an Land als auch auf See.

Laut Schätzungen wurden allein im Jahr 2019 zwischen 52.140 Tonnen und 184.290 Tonnen Kunststoffgranulat in der EU unbeabsichtigt freigesetzt. Das entspricht einer Menge von bis zu 7300 Lkw-Ladungen jährlich. Solche Freisetzungen können entlang der gesamten Wertschöpfungskette auftreten und stellen eine erhebliche Belastung für Umwelt, Klima, Wirtschaft und möglicherweise auch für die menschliche Gesundheit dar. Bisher fehlten auf EU-Ebene konkrete Vorgaben, um dem entgegenzuwirken.

Zentrales Ziel der neuen Vorschriften ist es, die Freisetzung von Kunststoffgranulat entlang der gesamten Lieferkette zu verhindern. Künftig sollen alle Anlagen, die mit Kunststoffgranulat arbeiten, verpflichtet sein, einen Risikomanagementplan zu erstellen. In diesem Plan müssen gesetzlich festgelegte Maßnahmen definiert werden, um unbeabsichtigte Verluste zu vermeiden. Dazu zählen unter anderem der Einsatz hochwertiger Verpackungen, spezifische Verfahren für das Be- und Entladen, sowie die Schulung des Personals im Hinblick auf den sicheren Umgang mit Kunststoffgranulat. Auch die geeignete Ausrüstung zur Vermeidung von Freisetzung ist Bestandteil der Anforderungen.

Um einheitliche Wettbewerbsbedingungen zu schaffen, gelten die neuen Vorschriften nicht nur für Unternehmen aus der EU. Auch Transportunternehmen aus Drittstaaten, die Kunststoffgranulat in die EU befördern, sind betroffen. Sie müssen künftig einen Bevollmächtigten mit Sitz in der EU benennen. Dadurch soll sichergestellt werden, dass Transparenz- und Rechenschaftspflichten für alle Akteure gleichermaßen gelten.

Die neuen Regelungen sehen zudem vereinfachte Anforderungen für kleinere Unternehmen vor: Betreiber, die jährlich mehr als 1.500 Tonnen Kunststoffgranulat handhaben, benötigen ein Zertifikat, das von einer unabhängigen Stelle ausgestellt wird. Für kleinere Unternehmen mit dem gleichen Jahresvolumen reicht eine einmalige Zertifizierung aus, die innerhalb von fünf Jahren nach Inkrafttreten der Verordnung erfolgen muss. Unternehmen mit einem geringeren Volumen sowie Kleinstunternehmen müssen lediglich eine Eigenerklärung der Konformität vorlegen.

Besondere Bedeutung kommt dem Seeverkehr zu, über den im Jahr 2022 rund 38 Prozent des in die EU eingeführten Kunststoffgranulats transportiert wurden. Da Kunststoffgranulat in aquatischen Umgebungen besonders langlebig ist und dort über Jahrzehnte bestehen bleibt, wurden auch für die Seeschifffahrt konkrete Vorgaben vereinbart. Diese orientieren sich an den Leitlinien der Internationalen Seeschifffahrtsorganisation (IMO). So müssen unter anderem Transport- und Frachtinformationen bereitgestellt und eine hochwertige Verpackung beim Containertransport auf See sichergestellt werden.

Die vorläufige Einigung muss nun noch formal vom Rat und vom EU Parlament gebilligt werden. Anschließend wird die Verordnung im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht. Zwei Jahre nach der Veröffentlichung soll sie in Kraft treten. Für die Regelungen im Bereich des Seeverkehrs ist eine zusätzliche Übergangsfrist von einem Jahr vorgesehen, um den betroffenen Akteuren die Umsetzung zu erleichtern.

 

Quelle: Offizielle Website des Rates der EU und des Europäischen Rates