1 Million Angolaner sollen durch das Elektrifizierungsprojekt der MCA Deutschland Zugang zu Strom erhalten. Rui Gomes und Florian Schneider berichten im GTAI-Interview.

Die deutsche Tochterfirma der portugiesischen MCA Group führt in Angola ein Projekt zur ländlichen Elektrifizierung mit Solarstrom durch. Projektleiter ist Rui Gomes, Geschäftsführer der MCA Deutschland GmbH. Gemeinsam mit Florian Schneider, Continuous Improvement Specialist Supply Chain Management bei MCA, berichtet er, warum es etwas Besonderes ist, ein Gobal-Gateway-Leuchtturmprojekt zu realisieren – und dass es manchmal gar nicht so einfach ist, deutsche Zulieferer zu finden.

Herr Gomes, Herr Schneider, Ihr Elektrifizierungsprojekt soll 200.000 angolanische Haushalte mit Strom versorgen. Wo stehen Sie aktuell im Projekt? 

Rui Gomes: Wir sind seit 2023 in der Umsetzung, aktuell ziehen wir die Infrastruktur hoch. Der Projektumsetzung ging eine lange Entwicklungsphase voraus, wie bei den meisten unserer Projekte. Der ländliche Raum in Angola ist teilweise dünn besiedelt und die Entfernungen sind groß. Manchmal gibt es nicht einmal geeignete Straßen. Die brauchen wir aber, um unser teilweise empfindliches Material zu transportieren. Deshalb umfasst unser Projekt alles – vom Bau der Basisinfrastruktur bis zum Zähler in jedem einzelnen Haushalt. Insgesamt werden wir 250 Megawatt Solarstrom erzeugen, 600 Megawattstunden an Batteriespeichern installieren und das gesamte Verteilnetz in Hoch-, Mittel- und Niederspannung umsetzen, um 1 Million Angolaner in fünf Provinzen mit Strom zu versorgen. 2026 soll das Projekt abgeschlossen sein.

War MCA schon vorher in Angola aktiv?

Florian Schneider: Ja, MCA ist seit über 20 Jahren in Angola. Vor unserem Elektrifizierungsprojekt haben wir bereits eine Vielzahl von Projekten umgesetzt, hauptsächlich in den Bereichen Infrastruktur und Energieversorgung. Wir haben in Angola ein 370-Megawatt-Fotovoltaikprojekt errichtet, das die größte Solaranlage Subsahara-Afrikas umfasst und mehr als 2 Millionen Menschen mit Strom versorgt.

Rui Gomes: Unsere langjährige Erfahrung hat uns bei unserem aktuellen Projekt natürlich geholfen: Wir waren schon mit den lokalen Gegebenheiten vertraut, hatten ein Team und auch Equipment vor Ort. Man kennt MCA in Angola und vertraut uns, weil wir liefern.

Ihr Elektrifizierungsprojekt in Angola ist ein Global-Gateway-Leuchtturmprojekt. Wie kam es dazu?

Rui Gomes: Wir glauben, dass unser Projekt als Flagship-Projekt der Global-Gateway-Initiative ausgewählt wurde, weil es für Angola und Afrika von strategischer Bedeutung ist. Wir zeigen, dass große Investitionen in grüne Energie in Afrika sowohl machbar als auch transformativ sein können – mit innovativen Technologien und ohne CO2-Emissionen.

Hinzu kommt, dass wir schon bei der Implementierung sind. Viele andere Projekte dieser Größenordnung befinden sich noch in der Planungsphase, da gibt es oft noch viele Unsicherheiten, zum Beispiel die Frage nach der Finanzierung.

Hat sich für MCA etwas verändert, seit das Projekt ein Global-Gateway-Flagship ist?

Rui Gomes: Unsere Sichtbarkeit ist deutlich gestiegen. Das ist großartig und animiert hoffentlich weitere Unternehmen, Projekte in Entwicklungs- und Schwellenländern umzusetzen. Dieses Projekt hat einen Vertragswert von über 1 Milliarde Euro, die Finanzierung wurde von der Standard Chartered Bank arrangiert, von einem Konsortium aus mehreren deutschen Banken finanziert und durch Euler-Hermes-Kreditgarantien abgesichert. Deshalb brauchten wir auch die Zustimmung des Deutschen Bundestages. Das hat uns Aufmerksamkeit verschafft.

Haben Sie auch direkten Kontakt zur EU?

Rui Gomes: Ja, aber wir konzentrieren uns mehr auf unsere Beziehungen zu den deutschen Institutionen. Da unser Projekt mit Euler-Hermes-Exportgarantien gedeckt ist, müssen wir bestimmte Auflagen erfüllen. Zum Beispiel muss ein signifikanter Prozentsatz unserer Lieferanten deutsch sein. Unser Ziel als deutsches Unternehmen ist es, möglichst viele deutsche Komponenten zu verwenden. Wir setzen grundsätzlich auf hochwertige Technologien und Produkte mit langer Lebensdauer und Garantie. Leider ist es manchmal schwieriger, deutsche Lieferanten zu finden, als wir uns das wünschen.

Wie meinen Sie das?

Florian Schneider: Die verschiedenen Normen und Standards sind herausfordernd. Ein Beispiel ist Dieselbenzin, womit viele unserer Maschinen in Angola laufen. In Europa hergestellte Motoren funktionieren nur mit Diesel, der auf dem europäischen Markt zugelassen ist. In Angola funktionieren diese Motoren aber nicht, weil der Diesel eine ganz andere Zusammensetzung hat. Ähnliche Herausforderungen haben wir beim Einsatz von Transformatoren oder anderen Geräten.

Zudem haben aktuell viele deutsche Hersteller eingeschränkte Lieferkapazitäten, besonders wenn wir von großen Mengen sprechen. Ein Beispiel: Die deutschen Kabelhersteller sind mit dem Netzausbau in Deutschland beschäftigt und teilweise über Jahre vertraglich gebunden. Das macht es schwierig, diese Produkte in unsere Projekte mit Afrika einzubeziehen.

Was würden Sie sich wünschen?

Florian Schneider: Zum einen eine Diversifizierung der Beschaffungsstrukturen. Wenn die großen deutschen Netzbetreiber alle Zulieferer blockieren, kommt niemand mehr zum Zuge. Zum anderen wäre eine Harmonisierung von Normen und Standards wichtig. Ein Beispiel: In Angola werden normalerweise spezielle Glasisolatoren verwendet. In Deutschland stellen wir aber nur gemischte Hightech-Isolatoren her. Aus gutem Grund – es ist eine fortschrittlichere Technologie. Aber der Standard ist nicht öffentlich. Hier müsste es viel mehr Transparenz geben, wenn man solche Technologien in Afrika einsetzen wollte.

Wie geht es für MCA weiter? Planen Sie weitere Projekte in Angola oder anderen Ländern Afrikas?

Rui Gomes: Definitiv. Wir haben eine große Projektpipeline in Angola und möchten unsere Expertise und unsere Erfahrungen aus Angola nutzen, um insbesondere Infrastruktur-, Erneuerbare-Energie- und Elektrifizierungsprojekte auch in anderen afrikanischen Ländern umzusetzen.

 

Gobal-Gateway-Leuchtturmprojekt

Quelle: GTAI